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Fest van Cleef 2008 - My Car Is A Traveller - Ein Reisetagebuch

Als feststeht, daß das Fest van Cleef 2008 mit Großefehn eine Station besucht, die über keinerlei zumutbare Zugverbindung verfügt, ist relativ schnell klar, daß dieses Jahr alles anders ist. Statt mit dem geliebten Zug, reist die Reisegruppe dieses Mal mit einem Automobil. Die Frage, ob es sich dabei um einen Leihwagen oder das eigene, altersschwache Auto handeln sollte, ist auch recht schnell geklärt: Es geht mit dem alten Kahn auf die Reise.
Im Vorfeld muss jedoch geklärt werden, ob durch die anstehenden Fahrtzeiten überhaupt genug Schlafzeiten übrig bleiben. Es sollten genug Schlafgelegenheiten bestehen. Dazu später mehr.
Da dieses Jahr damit sowieso schon eine Ausnahme darstellt, laden wir uns zu allem Überfluss noch zwei Gastreisende ein, um die Spritpreise und die Hinterachse niedrig zu halten und somit das Auto längerfristig zu überlasten.

Da der männliche der beiden Gastreisenden uns den Luxus gönnt, Schlafplätze in Koblenz zu bieten, startet die erste Etappe in Richtung Mannheim bereits Donnerstag Mittag, nachdem wir die weibliche der beiden Gastreisenden am Osnabrücker Bahnhof abholen. Weil die Mitreisende meint, daß ich für die lebenswichtige, da Kaffee tragende, Thermoskanne zuständig bin und ich meine, daß die Mitreisende für die lebenswichtige, weil Kaffee tragende Thermoskannte zuständig bin, müssen wir nach der Abholung der erwähnten Gastreisenden direkt nochmal nach Hause fahren, um die lebenswichtige, weil Kaffe tragende, Thermoskanne zu holen. Immerhin haben wir es rechtzeitig gemerkt und nicht erst irgendwann auf dem späteren Weg.

Wir machen uns auf den Weg nach Koblenz, wo wir heute und morgen beim Gastreisenden nächtigen werden. Auf dem langen Weg in den Süden kommen wir an Städten vorbei, von denen ich eigentlich dachte, daß es sie nur in Frankreich gibt. St. Sebastian zum Beispiel. Zumindest das Wetter kommt ja in etwa hin. Die rollende Bratpfanne schafft in irgendeinem kleinen Kaff Mitteldeutschlands während der Ortsdurchfahrt ihren 125.000. Kilometer. Zur Feier des Tages halten wir eine halbe Minute inne und schießen ein Beweisfoto.
Koblenz stellt sich bergiger heraus als ich vermutet hatte und ich parke schätzungsweise im 70°-Winkel. Vertikal, wohl gemerkt. Vorher muss jedoch ein Hund ausgehalten werden, der mitten auf der zweieinhalb Meter schlanken Straße inmitten dieser Häuserschlucht steht und anfangs nicht so aussieht, als ob er vorhat, jemals dort weg zu gehen.
Unser Quartier hat grob geschätzte neun Quadratmeter, das sollte für vier Personen reichen, zwei davon werden die Nächte sowieso eher über- als nebeneinander verbringen. Im Internetfernsehen spricht Barrack Obama zu Berlin und als er damit fertig ist, ist es auch bald schon Zeit, schlafen zu gehen.

Da durch fehlende Bahntickets und -verbindungen nicht nachzuvollziehen ist, wann wir losgefahren oder angekommen sind, mangelt es bei Fahrtbeschreibungen leider an genauen Zeitangaben. Es ist jedenfalls nicht ganz so früh wie sonst, denn nach Mannheim sind es nur ungefähr 117km, also rund 1 1/2 Stunden. An diesem Freitagmorgen dürfte es also so gegen 11 Uhr los gegangen sein. Den Gastreisenden werden für die Fahrtstrecken strenge Regeln auferlegt:

Punkt 1: Es werden keinerlei Körperflüssigkeiten ausgetauscht.
Punkt 2: Es wird nicht gefurzt und nicht gerülpst.
Punkt 3: Das Auto ist keine Sauna. Geschwitzt wird woanders.
Punkt 4: Der Fahrer hat das letzte Wort bei der Musikauswahl. Erst wenn es brrrizzelt, ist es richtig gut.
Punkt 5: Gleiches gilt für Pausen jeder Art.
Punkt 6: 15 bis 20 Min. vor Ankunft wird zum Pinkeln angehalten.
Punkt 7: Es wird nicht in süd- und ostdeutschem Dialekt gesprochen. Auch kein Platt.
Punkt 8: Diese Regeln gelten ausschließlich für die Rückbank.
Punkt 9: Schnauze.

Ich glaube, die meisten davon werden das ganze Wochenende über recht diszipliniert eingehalten. Als die Gastreisenden die Rückbank das erste Mal gemeinschaftlich einnehmen, muss ich meinen Blick senken, um wieder die Straße und nicht das Dach des Hauses zu sehen. Nachdem wir noch schnell ein Spiegelei auf der Motorhaube braten, rollen wir bergab aus Koblenz hinaus in Richtung Mannheim.

Wir fahren. Es sieht gleich aus. Stille. Wir sind in Mannheim. Wir fahren einmal um das Festivalgelände, ehe wir uns einen Parkplatz in einer Nebenstraße suchen und finden. Wir steigen aus. Es ist heiß. Wir gehen auf Sand. Es ist heiß. Ein paar kleine Bäume spenden ungenügend Schatten. Ein kleines Stück Wüste mitten in der Mannheimer Innenstadt. Man fühlt sich wie auf dem Präsentierteller, denn das Gelände steht auf dem zentralen Platz und drum herum führt die Straße, auf der wir gerade auch fuhren und die in alle Richtungen abzweigt. Direkt gegenüber dem Eingang ist die Alte Feuerwache, wo die Aftershowparty stattfindet. Äußerst praktisch, dann haben wir es heute Abend nicht so weit.

Um 15 Uhr ist Einlass. Getränke sind trotz Affenhitze nicht erlaubt, aber wie das immer so ist, habe ich nach der Kontrolle noch drei oder vier Tetrapacks. Ich setze mich auf den Boden vor der Bühne und verbrenne mit erstmal ordentlich die Finger am glühend heißen Aluminium. Kein Wunder, die Sonne knallt seit Stunden ungehindert von hinten drauf. Am Merchandise-Stand gibt es schwarze Buttons mit goldenem Hansen Band-Aufdruck. Ich entscheide mich, später einen zu kaufen. Bevor die erste Band überhaupt gespielt hat, habe ich gefühlte 5 Liter Flüssigkeit verloren. Immerhin gibt es Toilettenhäuschen mit fließend Wasser und einen kleinen Springbrunnen am Platz. Die erste Band des Tages sind die "Ghosiiiiies", deren Streetteam heute ordentlich viele Sticker verteilt. Leider scheint die Sonne mittlerweile von der Seite und damit ziemlich doll in die Augen. Mindestens genau so doll in die Augen knallt auch die übermäßige Red Bull-Werbung von der Bühne herab. Leider ist es noch recht leer, aber das scheint die Band recht wenig zu interessieren. Vielleicht haben sie auch gerade eine Fatamorgana und sehen vor sich 10.000 Menschen. Bei diesem Wetter ist alles möglich. Christoph schafft es, in der knappen Dreiviertelstunde, das Bassdrumfell zu zerdeppern. Everywhere you go, you always take the weather with you.

Es folgt Niels Frevert, dessen ersten Song Baukran irre peinlich klingt und auch irgendwie nicht zum aktuell herrschenden Klima passt. Einer seiner Songs klingt textlich so, als ob er auch von muff potter stammen könnte. Musikalisch liegen aber Welten dazwischen. Obwohl ich es nicht als störend empfinde, bin ich dann doch ganz froh, als es vorbei ist.

Es folgen die bisher ebenso unbekannten I Am Kloot. Die Band gelangt recht schnell in Verruf, weil von hinten "der größte I Am Kloot-Fan der Welt" nervt. "Is there a storm coming?" fragt John Bramwell beim Soundcheck. Scherzkeks, guck mal nach oben: wolkenlos. Trotz alledem keine unberechtigte Frage, wie sich später heraus stellt. Die eher rumpelnde Musik der eher unsympathischen Herrschaften wird geduldig bis zum Schluss ausgehalten, schließlich folgt das schon im Voraus fest stehende Highlight:

The Robocop Kraus. Natürlich habe ich im Nachhinein nicht die geringste Ahnung, welchen Song sie wann spielen, aber das ist auch nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, daß der gute Tobi für dieses Wochenende zurück in die Band und an den Bass gekehrt ist. Bei einem der ersten Songs machen wir uns derbe zum Horst, als wir unsere beim My.Festival 2007 von dieser Band verteilten Stirnbänder aufsetzen. Da das gerade nicht unbedingt das Wetter ist, bei dem man auch noch vor Peinlichkeit schwitzen will, brechen wir diesen optischen Augenschmaus ziemlich schnell wieder ab. Eigentlich wollen wir das jeden Tag machen, entscheiden uns aber relativ einstimmig dagegen. Gegen Ende verirrt sich die halbe Band mit einer Trommel im Publikum.

Mit Tomte folgt bereits die vorletzte Band dieser Hitzeschlacht. Ungewohnt ist, daß Die Schönheit der Chance nicht als letztes Lied, sondern schon kurz davor gespielt wird. Schlecht ist das aber nicht. Mit Der letzte große Wal feiert die erste Single aus dem späteren Album Heureka ihre Weltpremiere. Thees fordert dazu einen Zuschauer mit Mütze auf, das Lied mitzufilmen und später bei MySpace hochzuladen. Der Mann mit der Mütze ist nicht der einzige, der das später tun wird. Als weitere neue Songs gibt es Küss mich wach Gloria und Wie ein Planet zu hören. "Ich lebte so lange am Fluss und ich lebte da sehr gern. Es gibt Dinge, die kann man nicht übersteigern. Küss mich wach, Gloria." - will da etwa jemand zurück nach Hamburg? Zum Abschluss gibt es das sperrige, aber nicht mehr ganz so neue Nichts ist so schön auf der Welt wie betrunken traurige Musik zu hören!. Kettcar danach sind auch ganz gut, zu Am Tisch kommt sogar Niels Frevert mit auf die Bühne, weil es sich gerade so gut anbietet.

Auf dem kurzen Weg zur Aftershowparty müssen wir aufpassen, daß wir nicht in eine große Kotzepfütze treten. Die alte Feuerwache.scheint voll zu sein, denn wir müssen ziemlich lange anstehen, um rein zu kommen. In der Schlange posen einige Leute mit ihren coolen Handies und ihrer noch cooleren Musik. Wir posen mit den obercoolen Beatsteaks dagegen, haha. Drinnen wundert man sich - wie so oft - mal wieder, denn es gibt Platz ohne Ende. Nachdem wir uns ein schönes Plätzchen zum Sitzen sichern, den uns die Gastreisenden freundlicherweise frei halten, schmeißen sich die Mitreisende und ich auf die Tanzfläche. Größtenteils läuft hier Mainstream-Indie-Rock à la The Killers, The Strokes, Mando Diao, aber das ist heute okay. Nachdem ich im Vorjahr mehr oder minder lautstark immer wieder nach The White Stripes gerufen habe, erkenne ich heute nichtmal, daß ein Lied von ihnen gespielt wird. Upsala. Um kurz vor zwei machen wir uns schon auf den Weg nach draußen, immerhin müssen wir nochmal knapp 120km zurück nach Koblenz fahren. Auf dem Weg durch das Foyer decken wir uns noch mit Klinkenschildern und Flyern ein. Es gibt leider keinen interessanten Promiklatsch von der Aftershowparty zu berichten, außer vielleicht, daß die jüngste Band des Tages als erste im Bett zu sein scheint.
Wir kommen - oh welch Überraschung - staufrei durch die Nacht und nachdem das Auto wieder in der Vertikalen geparkt ist, fallen wir in unsere provisorischen Betten, können aber - zumindest für mich gesprochen - stundenlang nicht schlafen, weil die Gastreisenden vehement gegen Punkt 1 verstoßen. Irgendwann geht es dann doch. Ich werde sicher schlecht träumen.

Am nächsten Tag geht es gegen halb zehn unter die Dusche, damit wir rund eine Stunde später starten können. Koblenz lassen wir damit für den Rest des Wochenendes hinter uns und reisen weiter in Richtung Köln. Dank Navigationsgerät und einer recht abgelegenen Location verfahren wir uns in dieser verkehrstechnisch vielmals gehassten Stadt nicht, müssen nur fix zwischen Bordell und Bordell-Frisör wenden, um dann unauffällig zwischen den brummenden Bussen zu parken. Das Gelände sieht unscheinbar aus. Ich kann mir vorstellen, daß es viele gibt, die mehrmals dran vorbei fahren - vor allem, wenn sie vom gegenüber liegenden Pascha abgelenkt sind.
Es ist wie am Vortag bereits am späten Vormittag wahnsinnig heiß, aber da es im Laufe des Tages regnen soll und eine Jacke auch als Getränkewirt sehr gut geeignet ist, muss ich da jetzt durch und will mich nicht beschweren. Der Einlass verschiebt sich um eine Stunde nach hinten. Währenddessen hält ein oder zwei Mal ein Großraumtaxi am Straßenrand, das die willigen Musiker zu einem Ort mit Dusche und zurück fährt.

Vor der Bühne kann man auch heute wieder Eier ausbrüten. Henrik und Christoph von Ghost of Tom Joad haben sich daher extra in Schale geschmissen und präsentieren die neuesten sexy Sportdresse. The Ending wird von Johannes Mayer aus Münster lediglich auf der Akustikgitarre dargeboten und geht in der Hitze unter. Everywhere you go, you always take the weather with you. Christoph zerhämmert wieder das Bassdrumfell.
In der folgenden Umbaupause läuft Rainer G. Ott nervös mit einer CD in der Hand zum Mischpult und betont, daß die auf keinen Fall weg kommen dürfe, weil da die neue Tomte-Single drauf sei. Ein paar Minuten später läuft "Der letzte große Wal" tatsächlich im Rahmen der Umbaumusik, aber kaum ein Dutzend Besucher bekommt es mit.

Niels Frevert gefällt mir heute sehr viel besser als gestern, er scheint selbst auch aufgetaut zu sein. Ein Zug, der auf dem anliegenden Bahndamm vorbei fährt, passt irgendwie gerade in das Programm, aber ich habe vergessen, wie genau da der Zusammenhang ist. Ist sowieso immer noch zu warm. In der anschließenden Pause will ich mir eigentlich was zu trinken kaufen, aber der einzige Getränkestand ist so dermaßen überfüllt, daß ich mich dagegen entscheide. Kann man nur sparen.

The Robocop Kraus spielen heute zur Abwechslung vor I Am Kloot. Während des Auftritts fängt es endlich an zu regnen. Die Band ist besorgt um ihre Technik und bittet einige Zuschauer mit Regenschirmen auf die Bühne. Davon gibt es ausreichend, sodaß sich schnell welche finden. Jan Schwarzkamp gehört zum Beispiel dazu. Diese Band macht auch aus dem bescheidensten Wetter eine große Party. Zwischen den Bands turnt Thees Uhlmann mit Simon den Hartog zu Ansagen auf die Bühne, während Marcus Wiebusch sich ein Grinsen nicht verkneifen kann, als er den Besuchern anbietet, bei aufziehendem Unwetter vorübergehend in die umliegenden Hotels und sonstige Gewerbe zu flüchten.

Zu I Am Kloot trocknet es jedoch vorerst wieder ab - passend zum Humor. "Is there a storm coming?" Ich habe, denke ich, meine Ansprüche weit genug herunter gefahren, um das heute sogar ziemlich gut zu finden, obwohl oder gerade weil John Bramwell buchstäblich mit seinem Equipment und dem Roadie zu kämpfen hat. Ein schöner Auftritt mit etwas drinking und noch viel mehr disaster. Der Mitreisenden gefällt es heute auch ausgesprochen gut. There's blood on your legs - I love you.

Schon bevor danach Tomte auf der Bühne stehen, kommt ordentlich viel Wasser vom Himmel, was mich aber nicht sehr stört, weil ich gut gerüstet bin. Mehr stört mich, daß es wieder so normal ist, daß ich nichts darüber zu erzählen habe. Kettcar danach sind auch ganz gut.

Die Aftershowparty findet auf dem Gelände statt. Unter freiem Himmel ist es durch den vielen Regen natürlich recht frisch geworden und die Bänke sind noch feucht. Es steht zwar auch ein höhlenartiges Gewölbe zur Verfügung, darin ist es aber alles andere als gemütlich und nach ein, zwei kurzen Rundgängen beschließen wir, den Heimweg anzutreten, zumal wir alle miteinander ziemlich durchnässt sind. Schade, denn hier wäre es - nach allem, was sich in den paar Minuten Umschauen angedeutet hatte - sicherlich interessant geworden. Auf dem Weg zum Auto will ich mir den gestern gesehenen Hansen-Button kaufen, bin aber zu spät, denn die Anfrage schien groß gewesen zu sein. Als Trost kaufe ich mir einen schwarzen Ghost of Tom Joad-Beutel. Ich glaube, davon habe ich letztlich sogar mehr. Nach kurzem Smalltalk mit Erik machen wir uns auf den mit rund 175 Kilometern verhältnismäßig weiten Weg zu meinen Eltern, wo wir heute schlafen werden, da es etwa auf halber Strecke nach Großefehn liegt. Obwohl ich eigentlich geplant hatte, ausschließlich lokale Radiosender zu hören, bin ich davon - nicht zuletzt wegen der ausgefallenen Aftershowparty - ziemlich genervt und möchte während der Fahrt bitte Musik von meinem Handy hören. Zur unbändigen Freude der Mitreisenden spuckt die neuerdings so genannte Snuffle-Funktion im stetigen Wechsel Songs der Red Hot Chili Peppers und muff potter. aus. Nach angenehmen zwei Stunden Fahrt auf gewohnter Strecke kommen wir nicht allzu weit nach Mitternacht am nächsten Wegepunkt an.

Ich weiß nicht mehr, wann genau, aber auf jeden Fall um einiges früher als an den Vortagen müssen wir aufstehen, um den Weg nach Großefehn anzutreten, denn immerhin spielen heute zwei Bands mehr und das Ganze geht bereits um 11:30 Uhr los. Da ich generell gegen Parkplätze auf Rasen oder anderen, durch Regen zerstörbaren Untergründen bin, parken wir ein paar Meter weiter in einer Nebenstraße - gibt es hier nicht eigentlich nur Nebenstraßen? -, was uns zwar vorerst einen etwas weiteren Fußweg, später aber ein garantiert problem- und wartefreies Wegkommen beschert. Weil das Fest van Cleef dieses Jahr auch ein bißchen anders plant und heute zu Gast beim Omas Teich-Festival ist, müssen wir uns an der Kasse grüne Papiertagesbändchen holen. Währenddessen läuft Niels Frevert, nur mit einer Wildtierzahnkette bekleidet, dicht an uns vorbei, was bei der Gastreisenden scheinbar bleibenden Eindruck hinterlässt. Mit den Bändchen ausgestattet, gehen wir über den - im Gegensatz zum Vorjahr - recht ordentlichen Campingplatz in Richtung Eingang, um dort zu erfahren, daß sich der Einlassbeginn schon wieder verzögert. Zeit genug also, Schatten zu suchen und die in der prallen Sonne stehenden Dixiklos zu besichtigen, die sich wider jeder Erwartung als gepflegt , gesäubert und wohlriechend heraus stellen. Mit Hells Bells wird der Einlass angekündigt. Erik Langer findet das anscheinend gut, sonst würde er vermutlich nicht mit erhobener Hand vor dem Mischpult stehen. Wir lassen das jedoch links liegen, denn vor der Bühne ist das, was wir im Moment am meisten suchen: Schatten.

So kommt es dann auch, daß bereits bei Computer verhältnismäßig viele Menschen dicht vor der Bühne stehen. Die meisten finden das progressive Gedudel augenscheinlich aber eher dröge. Ich bin für sowas jedoch immer recht schnell zu begeistern - vor allem, wenn die Band dem Publikum dann auch noch Kaffee anbietet und zum späteren gemeinsamen Kochen an einem Stand auf dem Gelände einlädt.

Die folgenden Home of the Lame kommen merklich besser an, auch wenn Felix den Text zu For The Most Part vergisst und leider niemand aus dem Publikum helfen kann - ich verwechsle die erste mit der zweiten Strophe und die wissende Mitreisende traut sich nicht. Macht ja nix, war trotzdem gut.

Pünktlich zu den danach spielenden Ghost of Tom Joad hat sich die Sonne mittlerweile so gedreht, daß sie - wie immer bei dieser Band - von rechts oben scheinend in den Augen brennt. Everywhere you go, you always take the weather with you. Wenigstens die Körper stehen noch halbwegs im Schatten. Ich glaube, das ist heute der beste Auftritt der drei am ganzen Wochenende. Christoph schafft es sogar, das Bassdrumfell ganz zu lassen. Keine Ahnung, ob das gut oder schlecht ist.

Niels Frevert's Auftritt wird zur Kraftprobe, denn die Sonne brennt wie nie in dem hier erfassten Zeitraum. Mir wird zeitweise schummrig vor Augen und auch die Mitreisende klagt über Kopfschmerzen und Schweißausbrüche. Sogar die Schallplatten am Merchandise-Stand werden kurzfristig aus der Auslage genommen, weil sie in der Sonne zu schmelzen drohen. Einzig die in der vorangehenden Umbaupause gesehenen, näher kommenden Gewitterwolken lassen auf Besserung hoffen. Gegen Ende fängt ein laues Lüftchen an zu wehen. Zum letzten Song hebt sich die Plane am vorderen Bühnenrand quasi in die Horizontale, die Banner vor den Boxentürmen spannen sich ordentlich. Rigger klettern panisch die Traversen hoch, um die Kabelbinder loszuschneiden. Einer von ihnen pfeift dem immer noch spieldenen Niels Frevert auf dem Weg nach oben zu und deutet ihm, aufzuhören, aber der bekommt es nicht mit. Seelenruhig spielt er seinen letzten Song zu Ende, um dann die Bühne zu verlassen. Im Publikum herrscht derweil Unruhe ob des offensichtlich gerade aufkommenden Unwetters. Es spricht sich langsam rum, auch über die PA wird es wenige Minuten später verkündet: Das Gelände wird evakuiert, eine Fortsetzung des Festivals zu diesem Zeitpunkt ungewiss. Wir rennen zum Auto, während der Regen immer stärker auf uns nieder prasselt.

In der Nähe des Autos steht ein gefährlich klapperndes Fahrrad, weswegen wir uns entschließen, das Gefährt umzuparken. Warum auch immer wird beschlossen, erstmal ins nächste Dorf zu fahren, bis der Sturm vorbei gezogen ist. Auf dem Weg dorthin kommt uns neben der örtlichen Feuerwehr auch Lars Wiebusch entgegen, zu Fuß, nur mit einem T-Shirt bekleidet und noch ziemlich weit vom Festivalgelände entfernt. Fünf Kilometer weiter an - beziehungsweise unter - der nächsten Tankstelle sieht es vor dem Fenster gar nicht mehr so schlimm aus. Der Regen wird auch schon weniger. Allerdings wurde in kürzester Zeit die Bühne abgebaut, sodaß nicht klar ist, ob es überhaupt weiter geht. Zum Glück hat die Gastreisende Kontakte zu Dagebliebenen, sodaß wir rechtzeitig erfahren, daß es weiter geht und nach einer halben Stunde oder so zurück zum Geschehen kehren. Die Bühne sieht nackt aus, sämtliche Seiten- und Rückseitenplanen wurden entfernt und werden nun nicht wieder angebracht. Lediglich das GHvC-Banner prangt stolz von der Traverse herab. Nach ein paar weiteren Minuten Verharrens in neuer Parkposition, schlendern wir zurück zum Eingang. Auf dem Weg dorthin hören wir zum zweiten Mal "Hells Bells" und legen einen Zahn zu. Als wir auf dem Gelände ankommen, ist der Platz schon wieder verhältnismäßig gut gefüllt, unsere guten Plätzen bekommen wir trotzdem zurück. Viele Besucher sind jedoch in alle Ewigkeit verschwunden.

Da durch das Unwetter eine große zeitliche Verzögerung enstanden ist, muss zur Freude der Gastreisenden der Auftritt von I Am Kloot gestrichen werden. John Bramwell werden aber immerhin gute 15 Minuten zugestanden, um drei Songs alleine zu spielen. "Is there a storm coming?" Er kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ich hatte mich auf I Am Kloot heute eigentlich sogar gefreut, aber der Akustikauftritt stellt mich auch sehr zufrieden. Die Mitreisende und ich genießen das abgekühlte Wetter sichtlich und haben bei The Rococop Kraus so viel Spaß wie bisher noch nie an diesem Wochenende.

Auch Tomte wissen heute mal wieder zu gefallen. Bereits der Anfang sorgt für Komik, als Thees' Gitarrengurt sich von der Gitarre löst und dieser Danny Simons diktatorisch und wortlos zu verstehen gibt, das sofort in Ordnung zu bringen. Der Rest des Auftritts gestaltet sich jedoch im Gegensatz zu den beiden Tagen zuvor keinesfalls wortkarg, erzählt wird heute genug. Wie das mit guten Geschichten aber immer so ist, bleibt davon nicht allzu viel im Gedächtnis hängen. Kettcar danach sind auch ganz gut. Reimer zerstört bei der Nullsummenspiel-Einleitung sein heißgeliebtes Eigenbauinstrument und wirft es anschließend ins Publikum.

Nach dem nunmehr letzten Auftritt des Wochenendes will ich mir die ein oder andere Niels Frevert-CD kaufen, bin aber zu spät, da dieser bereits direkt nach seinem Gastauftritt bei Kettcar abgereist ist und seine CDs mitgenommen hat. Als Trost kaufe ich mir ein lila Ghost of Tom Joad-T-Shirt und ein paar Poster. Nach Verabschiedung von den Gastreisenden, die von hier aus einen anderen Weg einschlagen, machen wir uns auf den Weg zurück zu meinen Eltern, wo wir die Nacht noch schlafen, um am nächsten Tag wohlbehütet zu Hause anzukommen.

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